Darf man einfach so jemanden fotografieren ohne um Erlaubnis zu fragen?

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Dieser Beitrag soll am Anfang einer Reihe von Beispielen zum Thema Fotografieren von natürlichen Personen stehen und die datenschutzrechtlichen und anderen rechtlichen Konsequenzen beleuchten, die sich daraus ergeben können. Ich gebe auch Hinweise, unter welchen Voraussetzungen das Anfertigen von Personenfotos rechtlich korrekt möglich ist.

Zu Beginn erörtere ich hier zunächst etwas leger ausgedrückt die Frage:

Wie privat sind eigentlich Fotos für den ausschließlichen Eigengebrauch?

In weiteren Beiträgen gehe ich dann darauf ein, welche Voraussetzungen bei der Nutzung von Fotos natürlicher Personen für Firmenzwecke oder Veröffentlichungszwecke erfüllt sein müssen, bzw. um spezielle Fragestellungen wie etwa das Erstellen von Fotos in einer Schulklasse o. Ä.

Der Fall:

Herr A sitzt gemütlich auf der Einfassung eines Brunnens am Marktplatz im Sonnenschein, genießt seinen Amarena Becher-togo und sinniert über Gott und die Welt, als Frau B an Ihn herantritt, ihr Handy zückt und sagt: „Ich mach jetzt mal ein paar Fotos von Ihnen“. Gesagt getan, nach einigen Aufnahmen erklärt sie „Sie kommen jetzt in meine private Sammlung schöner Männer, wo ich Sie ab und zu anschaue“. „Das dürfen Sie nicht“, ruft Herr A. „Das ist strafbar und gesetzwidrig. Ich zeig Sie an. Sie müssen die Bilder wieder löschen“.

„Nein, für rein persönliche Zwecke, ohne die Bilder anderen zu zeigen oder im Internet zu verbreiten oder die Bilder zu verkaufen darf ich das“ antwortet Frau B. „Ich muss Sie nicht mal um Erlaubnis fragen.“

Hat sie damit etwa Recht?

 

 

Ist es nach dem Strafgesetzbuch strafbar, jemanden ohne dessen ausdrückliche Erlaubnis zu fotografieren?

Schauen wir zunächst in die entsprechende Vorschrift im Strafgesetzbuch (StGB):

§ 201a Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

  1. von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt,

  2. eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt,

  3. (weitere Tatbestände).

In dem geschilderten Fall ist keine der im Gesetz genannten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt:

Der öffentlich zugängliche Marktbrunnen stellt keinen besonders geschützten Raum dar. Ebenso wenig, wie z. B. eine städtische Parkanlage. Auch eine Hilflosigkeit lag hier nicht vor.

Ergebnis: Keine Strafbarkeit gegeben.

Anders läge der Fall z. B. bei Gaffern die Unfallopfer fotografieren. Hier wäre eine hilflose Lage gegeben – Abs. 1 Nr. 2, oder beim Fotografieren vom gegenüberliegenden Fenster in eine Wohnung – hier würde ein besonders geschützter Bereich verletzt – Abs. 1 Nr. 1.
Auch die weiteren im Gesetz genannten Tatbestände, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, kommen in dem geschilderten Fall nicht in Frage.

Frau B kann also zu Recht für sich in Anspruch nehmen, keine Straftat begangen zu haben.

Verstößt ein Foto ohne Zustimmung der fotografierten Person gegen das Urheberrecht?

Hier wäre das Kunst- und Urhebergesetz (KUG) einschlägig:

§ 22 KUG:

Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden

Eine Verbreitung oder Veröffentlichung soll in dem Fallbeispiel ja eben nicht stattfinden. Die B möchte die Bilder nur selbst betrachten und sich daran ergötzen. Eine Einwilligung nach KUG ist also nicht erforderlich – somit liegt hier ebenfalls kein Verstoß vor.

Bleibt noch die folgende Frage zu klären: Verstößt ein Foto ohne Zustimmung der fotografierten Person gegen das Datenschutzrecht?

Hier ist zunächst festzustellen, dass Fotos von Menschen (natürlichen Personen) sogenannte personenbezogene Daten gemäß Art. 4 Abs. 1 DSGVO sind, und sogar als besonders schützenswert gemäß Art. 9 DSGVO eingestuft werden, da sie über biometrische Verfahren eine eindeutige Identifikation der betroffenen Person ermöglichen. Die Verarbeitung, also auch bereits die Aufnahme solcher Fotos, ist nur zulässig, wenn hierfür eine Rechtsgrundlage gemäß Art. 6 DSGVO besteht. In dem geschilderten Fall käme hier eine Einwilligung des Herrn A in Betracht. Genau diese wird jedoch von ihm verweigert, so dass man auf den ersten Blick einen Verstoß gegen die Vorschriften der DSGVO annehmen könnte.

Aber der Frau B bleibt vielleicht ein Ausweg:

Art. 2 Abs. 2 Nr.3 DSGVO Sachlicher Anwendungsbereich

Diese Verordnung findet keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten

Das sogenannte Haushaltsprivileg.  Nur für den „Hausgebrauch“ verarbeitete personenbezogene Daten sollen nicht durch die DSGVO bzw. durch Datenschutzrecht geschützt sein. Natürliche Personen (Menschen) sollen also personenbezogene Daten - auch Fotos- von anderen Menschen für rein persönliche oder familiäre Zwecke nutzen dürfen.

Einer Einwilligung als Rechtsgrundlage bedürfte es dann nicht.

Die Frage in unserem Fall lautet daher:

Kann die Art wie die Fotos entstanden sind – nämlich in der Öffentlichkeit - und die Art der Nutzung – nämlich nur zur eigenen Erbauung -  in der Gesamtbetrachtung als ausschließlich persönliche oder familiäre Tätigkeit betrachtet werden?

Die Reichweite des Haushaltsprivilegs ist derzeit rechtlich noch nicht in vollem Umfang ausdifferenziert.

Klarheit herrscht aber in Bezug auf folgende Beispiele:

Ein Unternehmen möchte Bilder nutzen. Beispiel wäre hier eine Präsentation der Mitarbeiter auf der Firmenhomepage. Für Unternehmen, gleich ob Einpersonenfirma oder Konzern gilt das Haushaltsprivileg grundsätzlich nicht.

Frau B handelt aber ausschließlich als Privatperson.

Die Fotos werden im Internet auf Webseiten, auf Social-Media-Plattformen, oder in Printmedien allgemein zugänglich veröffentlicht. Hier wird der Bereich des persönlichen oder familiären eindeutig verlassen, da eine beliebige Öffentlichkeit auf die Fotos zugreifen kann.

Hierzu das Lindqvist-Urteil

Bei Frau B ist dies nicht beabsichtigt, die Fotos sollen ja nur für Sie selbst verfügbar sein und nicht einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Das Nutzen (Betrachten) der Fotos ist also vom Haushaltsprivileg gedeckt, nämlich als persönliche Tätigkeit.

Aber auch die Beschaffung der Fotos, (das Erheben der personenbezogenen Daten) also hier die Vorgehensweise beim Fotografieren selbst muss dem privaten oder persönlichen Bereich zuzuordnen sein.

Hierzu ein Urteil des Amtsgerichts München, aus dem die folgenden Zitate stammen:
Amtsgericht München Urteil vom 09.08.2017 - 1112 OWi 300 Js 121012/17 - Dauerhafte Videoaufzeichnungen des Verkehrsraums mit Dashcams (verkehrslexikon.de)

„Das permanente und anlasslose Filmen des Straßenraums vor und hinter dem geparkten Fahrzeug stellt einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar.

Es geht nicht an, dass 80 Millionen Bundesbürger mit Kameras herumlaufen, um irgendwelche Situationen aufnehmen zu können, die eine Straftat aufdecken könnten.

Eine permanente Überwachung jeglichen öffentlichen Raums durch Privatpersonen ist nicht zulässig.“

Hier ging es darum, dass eine Fahrzeugeigentümerin permanent eine Dashcam die Umgebung ihres Fahrzeuges aufzeichnen ließ, um bei eventuellen Beschädigungen
ein Beweismittel zur Verfügung zu haben. Es fand also eine Art Dauerüberwachung durch eine Privatperson statt.

Auch hier liegt der Fall der B anders. Sie sucht ja gezielt ihr interessant erscheinende
Exemplare der Gattung Mann und schießt jeweils einige wenige Fotos. Von einer permanenten Dauerüberwachung einer beliebigen Öffentlichkeit kann also keine Rede sein.

Die Chancen der Frau B, keinen Datenschutzverstoß begangen zu haben, steigen also.

Schauen wir noch in den Erwägungsgrund zum Haushaltsprivileg:

Erwägungsgrund 18 Keine Anwendung auf den persönlichen oder familiären Bereich*

Diese Verordnung gilt nicht für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, die von einer natürlichen Person zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten und somit ohne Bezug zu einer beruflichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit vorgenommen wird. 2Als persönliche oder familiäre Tätigkeiten könnte auch das Führen eines Schriftverkehrs oder von Anschriftenverzeichnissen oder die Nutzung sozialer Netze und Online-Tätigkeiten im Rahmen solcher Tätigkeiten gelten.

Der Gesetzgeber wollte hier also in erster Linie die Abgrenzung zu jedweder beruflichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit herausstellen. Eine persönliche Beziehung zu den Betroffenen wird nicht vorausgesetzt.

So auch z. B. Dr. Datenschutz:
Das Haushaltsprivileg der DSGVO (datenschutz-praxis.de):
Zitat: „Eine persönliche Beziehung zu den betroffenen Personen, deren Daten jemand verarbeitet, ist bei der Frage nach einer „persönlichen“ Tätigkeit – im Gegensatz zur „familiären“ Tätigkeit – nicht nötig. Sonst wäre z.B. auch das Sammeln von Prominenten-Bildern nicht von der Haushaltsausnahme erfasst“.

Dass also die Frau B ihre Opfer nicht kennt, bedeutet also nicht zwingend, dass keine als persönliche Tätigkeit vorliegt. Das Ausüben von Hobbies wird hingegen allgemein als solche angesehen – wie speziell diese auch sein mögen.

Der von mir geschilderte Fall wurde m. W. in der Literatur oder in einem datenschutzrechtlichen Urteil noch nicht behandelt. Mit etwas Bauchschmerzen neige ich jedoch dazu, der Frau B das Haushaltsprivileg der DSGVO aus den oben genannten Gründen zuzugestehen, so dass ihre Handlungsweise nicht unter das Datenschutzrecht fällt.

Wäre die DSGVO hier anwendbar müsste sie auch alle Vorschriften des Datenschutzes einhalten, wie etwa: Rechtsgrundlage gemäß Art. 6 DSGVO, Technische und organisatorische Maßnahmen gemäß Art. 32 DSGVO, Datenschutzfolgeabschätzung etc., um nur einige Beispiele zu nennen.

Ich halte es für überzogen, gegen dieses beschriebene Privatvergnügen das gesamte Datenschutzrecht in Stellung zu bringen. Es „hängt aber tatsächlich nur an einer scheinbar einfachen Bewertungsfrage – nämlich ob die Frau B die Fotos ausschließlich für rein persönliche Zwecke nutzt.

Kann der A zivilrechtlich gegen die Frau B vorgehen?

Auch wenn das Fotografieren einer Person ohne deren Einverständnis wie oben ausgeführt nur in ganz bestimmten Fällen strafbar ist, nur bei wirtschaftlicher Verwertung unter das Kunst und Urheberrecht fällt, und auch nicht stets unter das Datenschutzrecht fällt (Haushaltsprivileg), so stellt es dennoch einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Art. 2 i.V. mit Art.1 des Grundgesetzes dar, nämlich als Verletzung des Rechts am eigenen Bild.

Ein Beispiel: Amtsgericht Bonn, Urteil vom 28.01.2014 - 109 C 228/13 -

Sinngemäß wiedergegeben:
Ein Umweltschützer fotografierte systematisch Hundebesitzer ohne deren Einwilligung, die unerlaubterweise ihre Hunde in einem geschützten Gebiet ausführten, um diese wegen Ordnungswidrigkeiten zur Anzeige zu bringen und Beweise für die Verstöße zu dokumentieren.

Einer der betroffenen Hundebesitzer klagte dagegen mit dem Ziel der Unterlassung weiterer Fotos und der Löschung der vorhandenen und bekam vom Amtsgericht Recht.
Der Beklagte habe das Recht am eigenen Bild verletzt, da er ohne Einwilligung gehandelt habe.

Der Schutz der Natur gemäß (Art. 20a GG) wiege dagegen nicht schwerer und es sei nicht Aufgabe des Umweltschützers allgemein Ordnungsaufgaben durch systematische Überwachung wahrzunehmen. Dies sei allein die Aufgabe der zuständigen Ordnungsbehörde. Außerdem habe der Beklagte keine eigenen, sondern nur Allgemeininteressen verfolgt.

Eine Abwägung hat in dieser besonderen Situation also ergeben, dass das Recht am eigenen Bild schwerer wiegt, als der allgemeine Umweltschutz, da es nicht Aufgabe des Umweltschützers war, selbst für „Ordnung“ zu sorgen, und er auch nicht selbst beeinträchtigt war, er also kein „eigenes“ Grundrecht für sich geltend machen konnte.

Im Fall der B wäre nun aber abzuwägen zwischen ihrem eigenen Grundrecht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit (Ausüben ihres Fotografier-Hobbys) und dem Recht am eigenen Bild ihrer „Opfer“. Der Grad der Beeinträchtigung hängt auch hier davon ab, was mit den Fotos geschieht. Jede Art von Weiterverbreitung erhöht diese natürlich.

Aber auch das fotografiert werden an sich und die damit einhergehende Unsicherheit „was könnte mit meinem Abbild geschehen“ verletzt das Recht am eigenen Bild und muss daher durch ein stärkeres Recht gerechtfertigt sein. Ist der Wunsch der B, ihrem Hobby nachgehen zu können also stärker zu bewerten?

Wohl kaum, da immerhin eine Beeinträchtigung stattfindet. Herr A kann daher wohl Unterlassung und Löschung der Bilder verlangen.

Fazit:

  1. Das Fotografieren einer Person im öffentlichen Raum ohne deren Zustimmung ist nicht strafbar, wenn nicht besondere Umstände wie etwa eine hilflose Lage hinzukommen (§ 201a StGB).

  2. Es liegt auch kein Verstoß gegen das Urheberrecht vor, wenn keine wirtschaftliche Verwertung oder Verbreitung beabsichtigt ist (§ 22 KUG).

  3. Ob eine Einwilligung gemäß Datenschutzrecht erforderlich ist, hängt davon ab, ob die fotografierende Person sich auf das Haushaltsprivileg berufen kann. Dies scheidet von vornherein bei allen beruflich oder unternehmerisch motivierten oder verwendeten Fotos von natürlichen Personen aus. Auch wenn eine breite unkontrollierte Verbreitung z. B. im Internet oder über social Media beabsichtigt ist, greift das Haushaltsprivileg nicht. In dem geschilderten Fall, Anfertigen und Verwendung der Fotos nur für rein persönliches Betrachten ist die Frage nicht abschließend geklärt, da vieles dafürspricht, dies als rein persönlichen Zweck zu bewerten.

  4. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 1 und 2 Grundgesetz beinhaltet auch das Recht am eigenen Bild. Auch hier ist unstrittig, dass eine Verwertung der Aufnahme ohne vorherige Zustimmung gegen dieses Recht verstößt. Auch wenn eine Verwertung in dem Beispielfall nicht stattfindet ist aber allein schon die Beeinträchtigung der Fotografierten Person wohl stärker zu gewichten als die „Freiheit“ der anderen, da ja von der Fotografin die Beeinträchtigung ausgeht.

Die grundsätzliche Rechtsfrage, ob der Grundrechtsschutz zwischen Privatpersonen überhaupt greift (Grundrechte nur als Abwehrrechte gegen den Staat) soll hier außer Betracht bleiben.

Es sind also noch einige rechtliche Bewertungen offen.

Das Team der dacuro GmbH besteht aus unterschiedlich spezialisierten Mitarbeitern. Wir decken mithilfe unserer technisch und juristisch versierten Kollegen den gesamten Bereich des Datenschutzes ab. Hierdurch haben wir die Möglichkeit, Kunden ganzheitlich zu betreuen. Wir unterstützen unsere Kunden nicht nur im Rhein-Neckar-Kreis, sondern deutschlandweit von Freiburg bis Hamburg. Sollten Sie Fragen haben, oder wir Sie bei einem Thema unterstützen können, nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf.

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