Pre-Employment Screening vs. DSGVO
von Mag.iur. Julius Hoffmann (Kommentare: 0)
Beim Pre-Employment-Screening handelt es sich um eine objektive Überprüfung der Qualifikationen von Bewerbern im Rahmen des Personalauswahlverfahrens auf Basis der Bewerbungsunterlagen und der öffentlich verfügbaren Quellen.
Pre-Employment-Screening: Hintergrund
Ein Blick in die derzeitigen Presseberichte ist ausreichend, um den Sinn und Zweck der Background Checks zu verstehen:
- Ukraine-Krieg: Der andauernde Krieg in der Ukraine hat u.a. die Sabotage – Gefahr in den EU-Ländern erhöht (siehe auch BfV- Sicherheitshinweise für die Wirtschaft: Schutz vor Sabotage sowie Krieg in der Ukraine).
- Störung der Lieferketten: Die Störung der internationalen Lieferketten infolge der COVID-Pandemie hat zur Ressourcenknappheit geführt. Somit ist u.a. mit dem Anstieg der Wirtschafts- und Betriebsspionage zu rechnen (siehe auch dacuros Beitrag „Wirtschaftsschutz ist Datenschutz“).
- Missbrauchsskandale: Die Missbrauchsskandale haben gezeigt, dass man mit Hilfe von Background Checks viele Missbrauchsfälle verhindern hätte können.
- Fake Degrees: Es reicht in das Suchfeld von YouTube bzw. Google den Begriff „fake degrees“ (gefälschte Abschlüsse) einzugeben, um zu sehen, dass diese Gefahr nicht zu unterschätzen ist.
Es steht außer Frage, dass die Backgrounds Checks als Gefahrpräventionsmaßnahmen sinnvoll sind. Der Teufel steckt aber in deren Umsetzung.
Datenschutzrechtliche Limits
Rechtsgrundlagen
Als Rechtsgrundlage kommt bei Bewerbungsverfahren Art. 6 Abs.1 lit. b DSGVO iVm. § 26 BDSG (Anbahnung des Arbeitsvertrages) in Betracht.
Als weitere Rechtsgrundlage im Zusammenhang mit den Background Checks ist Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO (Gesetz) anwendbar. Das polizeiliche Führungszeugnis darf beispielsweise verlangt werden, wenn dessen Vorlage gesetzlich vorgesehen ist (bspw. § 72a SBG VII, Zweck: Schutz der Minderjährigen). Weitere Gesetze, die die Durchführung von Background Checks vorsehen, sind: Sicherheitsüberprüfungsgesetz, EU-Zollkodex 2013 usw.
Bei manchen Pre-Employment-Screening-Maßnahmen (bspw. Kontaktaufnahme zu den ehemaligen Arbeitgebern, Online-Recherche) ist die Einwilligung des Bewerbers gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO nötig.
Wenn eine gültige Rechtsgrundlage vorliegt, dann sind die Datenverarbeitungsgrundsätze nach Art. 5 DSGVO zu beachten.
Datenverarbeitungsgrundsätze
Bei den Grundsätzen der Datenerarbeitung gemäß Art. 5 DSGVO ist insbesondere auf die Grundsätze der Zweckmäßigkeit und der Datenminimierung hinzuweisen:
- Grundsatz der Zweckmäßigkeit (Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO): Die personenbezogenen Daten müssen für bestimmte Zwecke (hier die Anbahnung des Arbeitsvertrages) verarbeitet werden.
- Grundsatz der Datenminimierung (Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO): Der Umfang der verarbeiteten personenbezogenen Daten muss sich nach dem Datenverarbeitungszweck richten.
Wie unten in diesem Beitrag dargestellt, können diese Grundsätze die Pre-Employment-Screening-Maßnahmen einschränken bzw. sogar verhindern.
Background-Checks-Maßnahmen: Vor- und Nachteile
Als Background-Check-Maßnahmen kommen laut dem BfV-Infoblatt zum Pre-Employment Screening u.a. in Betracht:
- Vorlage der Bewerbungsunterlagen (auch in der Originalfassung) zwecks deren Überprüfung hinsichtlich der Manipulationen (fehlende Unterschriften usw.), des Vergleichs mit den Angaben in der Bewerbung sowie deren Kontrolle auf potenzielle Unregelmäßigkeiten (längere Lücken im Lebenslauf, Über- bzw. Unterqualifikation usw.).
- Überprüfung der Angaben via Telefon bzw. Online-Recherche sowie direkt bei den angegebenen Institutionen (Universitäten, frühere Arbeitgeber).
- Verifizierung der Existenz von Ausbildungsstätten und Abschlüssen.
Bei den oben genannten Punkten ist aber Folgendes zu beachten:
- Originalunterlagen: Die Vorlage der Originalfassung kann nicht garantieren, dass die Unterlage echt ist.
- Lücken im Lebenslauf: Die Lücken im Lebenslauf können mit Arbeitslosigkeit verbunden sein.
- Überqualifikation: Hier ist die Lage auf dem Arbeitsmarkt in Betracht zu ziehen. Es kann sein, dass sie den Bewerber zu diesem Schritt zwingt.
- Überprüfung der Angaben durch Kontaktaufnahme/ Internetrecherche: Hier wäre die Einwilligung des Bewerbers nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO nötig. Außerdem können sich die kontaktierten Personen/ Institutionen auch auf den Datenschutz berufen. Dazu ist es auch zu beachten, dass die Informationen im Internet nicht korrekt sein können.
In anderen Worten können die oben vorgeschlagenen Überprüfungsmaßnahmen keine hundertprozentige Sicherheit garantieren.
Die vorgeschlagene Vorgehensweise
Im Zusammenhang mit dem Pre-Employment-Screening wäre die vorgeschlagene Vorgehensweise wie folgt:
Rechtsgrundlage
Zuerst wäre zu überprüfen, ob es eine gesetzliche Verpflichtung zum Pre-Employment-Screening gibt. Soweit das nicht der Fall ist und ein Background-Check der Bewerber trotzdem durchgeführt werden soll, dann ist diese Vorgehensweise zu begründen. Ansonsten besteht das Risiko der Verletzung des Art. 5 DSGVO (Grundsatz der Datenminimierung).
Betroffenenkreis
Es sollte der Bewerberkreis festgelegt werden, welcher dem Background-Check unterliegt. Bei der diesbezüglichen Unterlassung besteht das Risiko der Verletzung des Art. 5 DSGVO (Grundsatz der Datenminimierung).
Informationspflichten
Soll ein Pre-Employment-Screening zum Einsatz kommen, dann sind die Bewerber darauf (Rechtsgrundlage, Datenumfang usw.) in den an sie gerichteten Informationen nach Art. 13 DSGVO (bspw. Infoblatt) hinzuweisen.
TOMs (zugriffberechtige Personen)
Der Zugriff auf die Bewerbungsunterlagen soll auf einen berechtigten Personenkreis (bspw. Geschäftsleiter, HR-Mitarbeiter, Abteilungsleiter) beschränkt sein. Wegen der Aufbewahrungsfristen (Art. 5 DSGVO) sowie der Gefahr der Falschversendung (Art. 32, 33 DSGVO) ist die Weiterleitung der Bewerbungsunterlagen via E-Mail nicht zu empfehlen.
Bewerbungsprozess
Falls ein Pre-Employment-Screening nicht gesetzlich verpflichtend ist, dann ist es zu prüfen, ob diese Maßnahme überhaupt notwendig ist. Es können ohnehin viele Informationen aus den Bewerbungsunterlagen sowie im Laufe der Bewerbungsgespräche gewonnen werden. Die Bewerbungsunterlagen sollten zuerst genau analysiert werden. Bei Bedarf sollten die fehlenden Unterlagen verlangt und die offenen Fragen im Laufe des Bewerbungsgespräches erläutert werden. In vielen Fällen werden aber die Unterlagen erst im Laufe der Bewerbungsgespräche gesichtet und es wird über alles Mögliche (Hobbies, Schwächen/Stärken usw.) aber nicht das Wesentliche (u.a. der Added Value des potenziellen Mitarbeiters für den Arbeitgeber) gesprochen. Solche Bewerbungsprozesse stellen nur einen Geld- und Zeitverlust dar und können unter Umständen eine Verletzung des Art. 5 DSGVO darstellen.
Tests
Das fachliche Wissen eines Mitarbeiters kann durch eine gezielte Fragestellung im Rahmen des Bewerbungsgespräches getestet werden (bspw. ein potenzieller Mitarbeiter der Rechtsabteilung könnte um die Lösung einer Rechtsfrage bzw. eines kurzen Falls gebeten werden). Dazu sind keine speziellen Assessment-Center-IT-Anwendungen nötig.
Notfallplan
Da der Ausfall (Krankheit, Kündigung, Tod) eines Mitarbeiters unter Umständen geschäftsschädigend für ein Unternehmen sein kann, ist es empfehlenswert, entsprechende Präventivmaßnahmen im Notfallplan festzulegen (bspw. Vertreterregelung, E-Mail-Weiterleitung usw.), damit in Ruhe ein Nachfolger gefunden werden kann. Weitere Informationen zum Notfallplan finden Sie im diesbezüglichen dacuro-Blogbeitrag „Notfallplan: Ein Must-Have für jedes Unternehmen“.
Fazit
Ein Pre-Employment-Screening ist als solches zwar möglich, es sind aber dabei die Datenschutzbestimmungen (insb. Art. 5, 6, 13 und 32 DSGVO) zu beachten.
dacuro GmbH
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